The Kid - Image ist alles: Rührselige Fantasy-Komödie mit Bruce Willis, der als strapazierter Workaholic auf sich selbst als Achtjähriger trifft.
Das letzte mal, als Bruce Willis nonchalant zur Seite trat und sich von einem Kind die Schau stehlen ließ, hieß das Ergebnis „
The Sixth Sense„. In „The Kid“ steht er nun erneut einem geheimnisvollen Knirps gegenüber, dem er bei der Lösung eines drängenden Problems Hilfe leisten muss. Damit enden auch schon die Parallelen mit M. Night Shyamalans Schreckensklassiker, wenn man von der abermaligen Bedeutungsschwere der Farbe Rot absieht: Von „Instinkt“-Regisseur Jon Turteltaub inszeniert, handelt es sich bei dieser zuckersüßen Komödie eher um eine Variante von Frank Capras „Ist das Leben nicht wunderschön?“, in der ein gestresster Workaholic - buchstäblich - sein inneres Kind entdecken muss.
Wer hätte geahnt, dass „Armageddon“-Star Willis solch einen wunderbaren James Stewart abgeben würde? Die Figur des erfolgsverwöhnten Imageberaters Russ Duritz, der selbst die eigene Identität längst für eine effiziente, sarkastische Fassade aufgegeben hat, ist ihm auf den Leib geschrieben. All seine Qualitäten kann Hollywoods wandelberster Superstar in der Rolle ausspielen: Wunderbar und scheinbar mühelos balanciert er mit standesgemäßem Smirk und großer Kontrolle auf dem Grat zwischen unausstehlichem Ekel und innerlich verletztem großen Kind.
Sein sorgfältig funktional eingerichtetes Leben gerät kurz vor seinem 40. Geburtstag aus den Fugen, als ein knallrotes einmotoriges Flugzeug über seinen Kopf hinwegfegt und er fortan immer wieder mit einem kleinen pummeligen Jungen konfrontiert wird, der wie von Zauberhand in seiner Designer-Wohnung auftaucht. Erstaunt muss der Pragmatiker feststellen, dass der Bub ebenfalls Russ ist - 32 Jahre früher. Beide sind wenig voneinander angetan: Der 40-jährige Russ hält den Kleinen für einen fetten Versager, der Achtjährige sieht in seinem erwachsenen Ich einen Verlierer, weil er weder Familie noch Hund noch ein eigenes Flugzeug besitzt. In den charmantesten Momenten des hemmungslos manipulativen Feel-Good-Films raufen sich dei beiden Rustys zusammen, um schließlich gemeinsam in die Vergangenheit zu reisen und einen entscheidenden Moment in Russ‘ Leben zu ändern und beide zu glücklicheren Menschen zu machen.
Mit breiten Pinselstrichen trägt der solide Mainstream-Spezialist Jon Turteltaub (größter Erfolg: „Während Du schliefst“) den Zuckerguss auf seinen mit Sentimentalitäten gespickten Blick auf die ramponierte Seele Amerikas auf, als wolle er „American Beauty“ nachträglich sämtliche Zähne ziehen und dessen bittere Wahrheiten mit naiver Liebe-das-simple-Leben-Botschaft übertünchen. „Es ist nicht Deine Schuld“ ruft er seinem Familienpublikum auf denkbar aufdringliche Weise zu und liegt damit voll im Trend der von Hollywood neu entdeckten Familienwerte (siehe „
Frequency„, „Der Patriot“ und dem kommenden „Family Man). Turteltaubs Sendungsbewusstsein und unbedingter Wille zur Heilung aller Wehwehchen des modernen Menschen, die schon „
Phenomenon“ und „Instinkt“ nicht die besten Dienste erwiesen, sind problematisch. Was nämlich immer wieder eine kompetent realisierte Komödie mit Herz am rechten Fleck und guten Schauspielerleistungen (neben Willis überzeugen Lily Tomlin als hartgesottene Sekretärin und Jean Smart als patente Nachrichtensprecherin) zu werden verspricht, ächzt zunehmend unter der altbackenen und realitätsfremden Message, die Turteltaub und Autorin Audrey Wells ihrem kleinen Film aufbürden. Willis-Fans werden ihren Spaß haben, wenn ihr Star sich mit seinem naseweisen Kinder-Ich (putzige Entdeckung: Spencer Breslin) pfiffige Schlagabtausche leistet, aber gerade deshalb hätten Darsteller und Publikum einen unwiderstehlicheren Film verdient gehabt. ts.