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Die Anruferin

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Die Anruferin: Verstörendes Psychogramm einer Außenseiterin, die wildfremde Menschen am Telefon in eine Gefühlsfalle lockt.

Poster

Die Anruferin

Handlung und Hintergrund

Tagsüber arbeitet Irm Krischka (Valerie Koch) in einem Reinigungssalon und pflegt brav ihre kranke Mutter (Franziska Ponitz). Zwischendurch aber, wenn sie ihre Isolation nicht mehr ertragen kann, ruft sie wildfremde Menschen an. Sie verstellt ihre Stimme und gibt sich als hilfsbedürftiges Kind aus, das in einem Krankenhaus vor sich hin vegetiert. Später meldet Irm sich erneut und verkündet mit einer anderen Stimme den Tod des Mädchens - ein bizarres Psychospiel, bei dem sie Sina (Esther Schweins) kennen lernt.

Eine ungewöhnliche Entdeckung ist die verstörende Psychostudie einer Außenseiterin, die am Telefon fremde Menschen in eine Gefühlsfalle lockt. Anleihen bei Hitchcock und Chabrol, Mystery- und Thrillerelemente sowie intensive Darstellerleistungen veredeln die sehr menschliche Parabel.

Wenn sie die Isolation nicht mehr erträgt und Nähe braucht, greift Irm Krischka zum Telefonhörer, verstellt ihre Stimme zu der eines Kindes und bittet darum, getröstet zu werden. Als sie einem ihrer Anruf-Opfer, Sina, die um ihren Mann trauert, tatsächlich in einem Waschsalon begegnet, bahnt sich langsam eine Freundschaft zwischen den beiden Frauen an.

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Darsteller und Crew

Regisseur
  • Felix Randau
Produzent
  • Stefan Schubert,
  • Björn Vosgerau,
  • Hejo Emons,
  • Ralph Schwingel,
  • Kristina Löbbert
Darsteller
  • Esther Schweins,
  • Marita Breuer,
  • Piet Fuchs,
  • Charlotte Bohning,
  • Valerie Koch,
  • Franziska Ponitz,
  • Stefanie Mühlhan,
  • Ivan Shvedoff,
  • Jörg Reimers,
  • Georg Lenzen,
  • Bernhard Marsch,
  • Joanna-Maria Praml
Drehbuch
  • Vera Kissel
Musik
  • Thies Mynther
Kamera
  • Jutta Pohlmann
Schnitt
  • Gergana Voigt

Bilder

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. Eine Mädchenstimme erklärt, dass sie nicht schlafen kann, weil ein Gespenst unter ihrem Bett sitzt. Sie klingt ein wenig altklug, ist aber in ihrer Bestimmtheit niedlich mit anzuhören. Man muss schmunzeln, eigene Kindheitsphantasien kommen wieder hoch, doch noch hat man die kleine Anruferin nicht gesehen. Die Kamera folgt dem Telefonkabel, die Kleine spricht weiter. Und dann sieht man sie und traut seinen Augen nicht.

      Denn Irm ist zwar süß anzusehen, gerade wenn sie sich als Kleine ausgibt, verändern sich ihre Gesichtszüge, doch sie ist immerhin schon Anfang Dreißig. Das Gezeigte erschreckt, man ist zwischen Furcht und Lachen hin und her gerissen. Vor allem überwiegt eine Frage – was geht hier eigentlich vor? Besser könnte man in einen Film gar nicht einsteigen.

      Gleichzeitig erzählt dieser Anfang schon das grundsätzliche Problem, das Film aufgreift. Der Unterschied zwischen Hören und Sehen. Hört man Irm als kleine Lea Paulina, dann glaubt man ihr bedingungslos, dass sie erst sechs ist. Doch sieht man Irm, weiß man das all dies nur ein Trugschluss war.

      Der Film Die Anruferin versteht es sich auf subtile Art den Figuren zu nähern. Es wird immer nur soviel erklärt wie wir wissen müssen. Denn schon auf diese Art, hat man mit der komplexen Geschichte allerhand zu knabbern. Das zutiefst psychologische Kabinettstück hat vor allen Dingen einige unerwartete Wendungen intus.

      Man muss vor allem Valerie Koch loben, als Irm spielt sie alle anderen Darsteller mit einer Leichtigkeit an die Wand, die noch Großes von ihr erwarten lassen. Und so verharrt die Kamera mit Recht auf ihren großen blauen Augen, die oft so fragend in die Welt blicken. Doch Irm ist keine weltfremde Traumtänzerin. Valerie Koch spielt sie als eine bodenständige junge Frau, die durchaus weiß wie man sich im Alltagsleben zu verhalten hat. Und diese Unterschiede, von der toughen Arbeiterin zur verschüchterten kleinen Irm, die verträumt mit einem Spielzeug vor sich hin wedelt, während sie telefoniert, machen den Film zu einem besonderen Erlebnis.

      Regisseur Felix Randau, der sein Spielfilmdebüt 2003 mit Northern Star feierte, verfilmt das Buch von Vera Kissel mit viel Feingespür. Er hetzt nicht durch die Geschichte, sondern lässt den Charakteren ihren Raum und ihre Zeit. Auch Esther Schweins brilliert als Sina, oft dient sie als Anhaltspunkt für den Zuschauer, der sich in der wirren Welt von Irm manchmal ein wenig verloren fühlen kann.

      Ein starker deutscher Film, der sich um zwei ebenso resolute wie zerbrechliche Frauen spinnt, und eine Version von Realität und Wahrheit zeigt, wie man sie im Alltagsleben eher selten erleben darf. Hier geht es um die Art mit seinem Leben zu Recht zu kommen, und Freundschaft, die einem dabei helfen kann.

      Fazit: Kino der leisen Töne, erstklassiges, teilweise absurdes, aber immer spannendes Psychodrama zwischen zwei starken Frauen.
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    2. Die Anruferin: Verstörendes Psychogramm einer Außenseiterin, die wildfremde Menschen am Telefon in eine Gefühlsfalle lockt.

      Verstörendes Psychogramm einer Außenseiterin, die wildfremde Menschen am Telefon in eine Gefühlsfalle lockt.

      Gespaltene Persönlichkeit oder Flucht aus der Einsamkeit? Irm Krischka jedenfalls lebt zwei Existenzen. Die eine als Angestellte eines Reinigungssalons und brave Tochter, die ihre kranke Mutter pflegt, die andere als geheimnisvolle Anruferin unter falschem Namen. Wenn sie die Isolation nicht mehr erträgt und Nähe braucht, greift sie zum Hörer und piepst mit hilfloser Kinderstimme „bitte, bitte, erzähle mit eine Geschichte“, mimt das kleine Mädchen, das im Krankenhaus sich selbst überlassen ist. Die so Belogenen lauschen den erfundenen Schicksalen, spenden Trost und kurze Zeit später genießt die junge Frau, die sich mal Magdalena oder Eleonore nennt, das Entsetzen als Überbringerin der Nachricht vom Tod der „Patientin“. Dieses Spiel verschafft ihr eine seltsame Lust und das Vergessen eines grauen Alltags ohne Perspektive. Als sie eines ihrer Opfer als Lehrerin und Mutter der imaginären Leah Paulina „testen“ will, trifft sie auf die völlig aufgelöste Sina (Esther Schweins), die gerade ihren Mann bei einem Unfall verloren hat. Die Kandidatin wird somit aus dem Telefonbuch gestrichen. Mehr zufällig begegnen sie sich im Waschsalon wieder und ohne größere Regung erzählt Irm, ihre „Tochter“ sei an Leukämie verschieden. Die der Wirklichkeit zugewandte Bibliothekarin empfindet eine diffuse Zuneigung zu der fast autistischen Fremden, die aufkeimende Freundschaft zerbricht (erst einmal), als das Netz aus Lügen reißt.

      Geschickt verbindet Felix Randau die unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen, für die Glaubhaftigkeit mancher sehr abrupter Wendungen sorgt eine in sich zerrissene Valerie Koch („Sie haben Knut“) mit einer Mischung aus gläserner Puppenhaftigkeit, Unsicherheit und Durchtriebenheit. Ihr Verhalten - ein einziger Schrei nach Liebe, der bisher immer verhallte. Wenn die Handlung sich nach und nach von der Verhaltensstörung auf die Freundschaft fokussiert, beginnt die verwundete Hauptfigur den schmerzhaften Rückzug aus der schützenden Scheinwelt. Das ist noch kein Happy End, aber ein Zeichen von Hoffnung auf das wahre Leben. mk.
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      1. Wohl die Kino-Entdeckung dieses Sommers, wenn auch noch ohne Verleih. Eine Kinderstimme am Telefon, die Zuspruch und Mitleid einfordert und sanft erzwingt. Eine Frau mit hartem Job, die ihre Mutter pflegt und eine Freundin „findet“. Eine virtuose Gratwanderung, psychologisch stimmig, präzise inszeniert, spannend und überraschend. Drei überaus komplexe Frauenrollen, drei große Darstellerinnen. Thriller, schwarze Beziehungskomödie, schizophrene Fallstudie? Wenig Vergleichbares findet sich im jüngeren deutschen Film. Diesen Regisseur muss man sich merken: Felix Randau. Ebenso die Kamera: Jutta Pohlmann.

        Jurybegründung:

        Eine Kinderstimme am Telefon. Sie erzählt ihrem weiblichen Gegenüber von einem furchtbaren Schicksal, sucht Zuspruch oder Mitleid zu erheischen. Sie bittet darum, ihr eine Geschichte zu erzählen, vielleicht eine Gute-Nacht-Geschichte. Nein, eher etwas Spannendes.

        Der Zuschauer sieht indessen: Die Kinderstimme am Telefon gehört einer jungen Frau. So der Beginn des Films „Die Anruferin“, wohl die Entdeckung dieses Kinosommers.

        Vera Kissel schrieb nach ihrem Theaterstück das Drehbuch. Felix Randau inszenierte nach dieser klugen Vorlage seinen zweiten langen Film (nach „Northern Star“). Längere Zeit bleibt sowohl das Geschehen als auch das erzählerische Modell in der Schwebe: psychologisches Kammerspiel mit Thriller- und Mysteryelementen oder eine schizophrene Fallstudie?

        „Die Anruferin“ hat von allem etwas. Assoziationen an großes internationales Kino werden wachgerufen, an Hitchcocks „Marnie“ etwa oder an frühe Chabrols. Nach und nach verschmilzt der Film seine Elemente zu einer berührenden, menschlichen Parabel über die Lebenskrise einer Frau. Schritt für Schritt wird das Geheimnis offenbar, werden die Gründe transparent für den Identitätswechsel. Das Rollenspiel als Fluchtversuch, um den Dämonen der Vergangenheit zu entrinnen, Schuldkomplexe abzustreifen. Letztlich geht es darum, das eigene Leben selbst zu bestimmen. Felix Randau: „Wer sich selbst nicht mal begegnet ist, der bleibt immer auf der Flucht.“

        Wie gesagt, es gibt wenig Vergleichbares im jüngeren, deutschen Film. Ungewöhnlich - dieses Attribut hat für „Die Anruferin“ voll und ganz seine Berechtigung. Der Film ist eine schöne psychologische Gratwanderung, er spielt virtuos mit der Struktur des Kammerspiels (unterstützt durch die präzise kalkulierten Einstellungen der Kamera Jutta Pohlmanns) und überzeugt durch die darstellerische Intensität in den drei psychologisch sehr komplexen Frauenrollen. Herausragend Valerie Koch bei ihrer Flucht in die infantilisierte Emotionalität, im Transparentmachen ihrer Verletzungen.

        Quelle: Deutsche Film- und Medienbewertung (FBW)
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