In "Who Killed Marilyn?" ist eine Tote im Schnee noch keine große Sache. Wenn diese aber wasserstoffperoxidblondiert ist, Schlaftabletten in der Hand hält, zudem eine regionale Berühmtheit im französischen Jura ist, ist das schon was anderes. Wenn sie außerdem noch genau im Niemandsland zwischen Frankreich und der Schweiz liegt, da, wo keine Polizei zuständig ist und daher auch keine Ermittlungen aufgenommen werden, ob es sich vielleicht doch um Mord handeln könnte dann ist das Inspiration genug für einen Kriminalautoren wie David Rousseau, dem einfach keine neue Idee für einen neuen Roman um Kommissar Voltaire einfallen will.
Rousseau macht Ferien, will seine Schreibblockade überwinden in dem Kaff Mouthe, dem kältesten Ort Frankreichs, und gerät hinein in diesen seltsamen Kriminalfall, der ganz aus einem seiner eigenen Büchern hätte entsprungen sein können. Martine Langevin heißt die Tote, sie nannte sich Candice Lecoeur, war La Belle de Jure, wenn sie Käsewerbung machte, war das Wettergirl im regionalen TV-Sender: Der Stolz der ganzen Gegend. Und ist jetzt tot. Womit klar ist: Hinter der Kleinstadtidylle lauern Abgründe, irgendwo sitzt das Böse, und wer weiß, wer alles seine Hand mit im Spiel hat.
Wobei dieses Niederreißen gutbürgerlicher Fassaden nie die Tiefe oder das Fiese wie etwa in "Fargo" erhält - Vergleiche drängen sich auf - geht es in "Who Killed Marilyn?" sehr viel spielerischer, unernster zu, auch in Bezug auf die untergebaute Infragestellung der Provinzidylle. Schließlich wird Rousseau, der Ermittler, stets von allerlei Dorfbewohnern auf die Ungenauigkeiten und Unplausibilitäten in seinem Romanwerk hingewiesen und zu den selbstreferentiellen Parallelen zwischen Filmhandlung und der Romanfiktion im Film kommt auch noch die Analogie zu Marilyn Monroe hinzu. Candice Lecoeur hat sich mit dem Hollywoodstar identifiziert und Rousseau deckt eine Menge Ähnlichkeiten auf, etwa die Liebe zu einem Sportstar, auch die zum Regionalpräsidenten und dessen Bruder, die auf Monroes Biographie verweisen. Dies macht den Film dichter, auch eine weitere Ebene von Witz wird drauflegt und zudem alles noch spannender gestaltet, was aber eigentlich nur wenig mit den Charakteren und ihren Motivationen zu tun hat.
Weil eben alles in satirischem Ton gehalten ist, mit frischem Esprit und vielen komischen Momenten und zugleich mit der Ambition, spannende Kriminalunterhaltung zu bieten. Beides gelingt, denn die Mischung stimmt: Wenn sich Rousseau zum Affen macht, indem er streng lauschend durch den Schnee stapft, um dem Knirschen nachzusinnen, oder indem er auf vereister Straße erstmals seit Jahren wieder auf einem Motorroller zu fahren versucht dann ist das nicht nur leichter Slapstick, sondern bezieht sich auch auf die Unsicherheit und Fremdheit des Krimiautors in einer Dorfgemeinschaft, und auf seine Unfähigkeit, im Leben und im Beruf etwas Substantielles hinzukriegen. Im Fall der toten Schönen aus dem Jura kann er sich endlich selbst übertreffen, kann einmal was zustande bringen; und außerdem ist er neugierig, und außerdem geschmeichelt, weil Martine/Candice großer Fan seiner Romane war.
Fazit: "Who Killed Marilyn?" ist lockere Unterhaltung. Der raffiniert verschachtelte Mordfall und der ironische Umgang mit den Klischees, machen den Film ausgesprochen amüsant.