Ein Junge namens Titli: Sozialdrama und Film Noir aus Indien über den Jungen Titli, der in einem Slum von Dehli aufwächst und vor seiner Gangsterfamilie fliehen will.
Indischer Film Noir, der in Anti-Bollywood-Realismus den Ausbruch aus einem brutalen Patriarchat beschreibt.
Eigentlich wünschte sich seine verstorbene Mutter ein Mädchen, weshalb der jüngste Spross einer Trash-Sippe in einem Slumbezirk der nordindischen Metropole Delhi auf den Namen Titli hört, zu Deutsch: Schmetterling. Das halbe Hemd ist tatsächlich zu zart für die üblen Raubüberfälle und Autodiebstähle seiner beiden älteren Brüder, die mit Billigung und Anstiftung des Vaters das Nesthäkchen zur Komplizenschaft nötigen. Um dieser Hölle zu entkommen, hat Titli (Shashank Arora) viel Geld gespart, das ihm korrupte Polizisten rauben. Woraufhin sein ältester Bruder Vikram (Ranvir Shorey, „Mission Liebe“), ein aggressiver, selbstmitleidiger Tyrann, ihn mit Neelu (Shivani Raghuvanshi) zwangsverheiratet, um ihn weiter ausbeuten zu können. Das unglückliche Brautpaar schließt einen Deal, der beide befreien soll, aber nicht so läuft, wie erhofft und alle ins Unglück zu stürzen droht. Titli wird gezwungen, jene Methoden anzuwenden, die ihm eigentlich verhasst sind. So droht sein Befreiungskampf gegen sein familiäres Umfeld, ein chauvinistisches, patriarchales Gewaltsystem, das für das ganze Land Indien steht, zu einem Verzweiflungsakt zu werden. Dieser Nobody hat keine Chance, aber die nutzt er.
Independentregisseur Kanu Behl (Drehbuch zu: „LSD: Love, Sex Aur Dhokha“) erzählt seine Geschichte in in ewigen Straßenstaub getauchte, realistische, mit der Handkamera aufgenommene Bilder und verarbeitet sie zu einem Noir-Drama. Seine Vorliebe für Dokumentationen ist der Ästhetik klar anzusehen, die das Abgründige und Dreckige betont. Obwohl Bollywood-Mogul Aditya Chopra („Dhoom“) als Produzent fungiert, fehlt jede Andeutung von buntem Eskapismus. Arthousegerecht undramatisch und mit gedrosseltem Thrill erzählt Behl schmucklos von Betrug und Verrat in innerfamiliären Beziehungen, wo Scheidung und Schläge ebenso vertraut sind, wie Gezänk und Geschrei, was nahtlos in Korruption und Gleichgültigkeit in der Gesellschaft mündet. Die inneren Konflikte, das Ringen um Menschlichkeit findet nicht nur, aber vor allem in der Figur des Titli statt, der sich von Gewalt als Kommunikationsform befreien will und dafür beinahe seine Zukunft verspielt.
tk.