Amy: Aufwühlende Dokumentarfilm über die für ihre Musik und ihre Exzesse berühmte, zu früh verstorbene Sängerin Amy Winehouse.
Aufwühlender Dokumentarfilm über die für ihre Musik und ihre Exzesse berühmte, mit 27 viel zu früh verstorbene Sängerin Amy Winehouse.
Ganz selbstverständlich ist es nicht, dass eine Doku eine starke emotionale Sogwirkung entfaltet: Bei dem neuen Film von „Senna“-Macher Asif Kapadia ist das der Fall: „Amy“ erzählt auf regelrecht anrührende, aber niemals anbiedernde Weise vom Leben der britischen Jazz-Sängerin Amy Winehouse, die in ihrem größten Hit trotzig geprahlt hatte, nicht in Rehab gehen zu wollen, und vier Jahre später im Alter von 27 Jahren an einer Alkoholvergiftung starb. Als einziger britischer Beitrag des 68. Festival de Cannes in der Sélection officielle im Rahmen der Midnight Screenings gezeigt, setzt sich der Film mosaikartig zusammen aus Archivmaterial, zahllosen Interviews mit Familie, Freunden und Vertrauten sowie von Freunden zur Verfügung gestellten Home-Videos, die einen ganz neuen Blick auf Winehouse erlauben, nicht den gierig-lasziven Blick der Yellow Press, der die endlosen privaten Eskapaden der Sängerin willkommenes Futter waren, dabei aber völlig aus den Augen verloren, dass Winehouse ein Ausnahmetalent war, eine Sängerin mit begnadeter Stimme und faszinierender Ausstrahlung, durchaus vergleichbar mit ihren Idolen Billie Holiday oder Nina Simone.
Obwohl der Film wenig beschönigt, ist sie hier nicht die selbstzerstörerische, durchgeknallte Skandalnudel, als die sie in den Augen der Öffentlichkeit traurige Berühmtheit erlangte, sondern eine erschütternd fragile Künstlerin mit einem Drang nach emotionaler Offenheit, der es schier unmöglich war, den über die zarte und zerbrechliche Frau hereinbrechenden Zirkus nach der Veröffentlichung ihres Albums „Back to Black“ unbeschadet zu überstehen. Kapadia ist ein fesselnder Film gelungen, der natürlich stets auch profitiert von der unglaublichen Stimme von Amy Winehouse. Die hat man noch nie so bewusst gehört wie hier, in dieser Doku für ein großes Publikum, die ein tragisches Leben ausbreitet, wie es ein großer Roman tun würde, eine Geschichte von Aufstieg und Fall, von den unbeschwerten Anfängen, als Winehouse ihre Freundinnen auf Partys regelrecht an die Wand singt, weil sie gar nicht anders kann, bis zu diesem erschütternden letzten Auftritt in Serbien, als Winehouse auf die Bühne tritt und einfach einfriert und gar nichts macht: That’s me in the spotlight, losing my religion. Man kann die Show auch auf youTube sehen, aus dem Zusammenhang gerissen, als Artefakt, und den Kopf schütteln. Man kann den Auftritt aber auch sehen als den Moment, auf den das Leben des jüdischen Mädchens aus Southgate, London, vom ersten Kontakt mit Berühmtheit und Drogen zustrebte. Wenige Monate später war sie tot. I say: No no no. ts.