Ladykillers: In Joel und Ethan Coens Remake der gleichnamigen britischen schwarzen Komödie aus dem Jahr 1955 gibt Tom Hanks den kriminellen Ladykiller.
Und wieder ein unmöglicher Härtefall, der von den Coen-Brüdern Joel und Ethan mit unerträglicher Grausamkeit und der gewohnten filmischen Brillanz verhandelt wird: Sie verlegten ihr Remake des britischen Klassikers „Ladykillers“ von 1955 vom Nachkriegs-London in die amerikanischen Südstaaten der Gegenwart und nahmen sich die Freiheit, das Figurenarsenal in gewohnter Coen-Manier stärker zu überzeichnen, hielten sich aber des weiteren eng an die Vorlage. Anstelle von Alec Guinness agiert hier Tom Hanks als Anführer eines Gauner-Quintetts, das den großen Coup plant, sich aber an einer resoluten alten Dame die Zähne ausbeißt. Versteckt hinter einem Makeup, das ihn wie eine Mischung aus Mark Twain und Colonel Sanders wirken lässt, liefert er eine Galavorstellung und lässt sich dabei jede Zeile des süffigen Coen-Dialogs auf der Zunge zergehen.
Dass sich die Coens (erstmals werden sie gemeinsam als Regisseur gelistet) las erstes lupenreines Remake in ihrer mittlerweile zehn Arbeiten umfassenden Filmographie ausgerechnet das Glanzstück der Komödien der legendären Ealing Studios vorgenommen haben, macht Sinn. „Ladykillers“, im Original von Alexander Mackendrick mit Guinness sowie u. a. einem blutjungen Peter Sellers und Herbert Lom inszeniert, lieferte als Mutter der pechschwarzen Komödie die Blaupause für eigentlich das gesamte Oeuvres des findigen Bruderpaares seit ihrem Karrierestart mit „
Blood Simple“ vor 20 Jahren. Mit deutlich erkennbarem Respekt haben sie sich der Vorlage genähert und offensichtlich erkannt, dass man an der perfekten Struktur am besten keine augenfälligen Veränderungen vornehmen sollte.
Die Verlagerung der Handlung in die Südstaaten, wo schon „
O Brother, Where Art Thou?„, der in den USA nach wie vor größte Erfolg der Coens, spielte, und entsprechendes Anpassen des handelnden Personals, einzelner Orte und der Stimmung des Films sind die deutlichsten Eingriffe, die man sich traute. So ist es hier keine Eisenbahnüberführung, sondern eine Brücke über den Mississippi, die Handlungsort für die mörderischsten Momente der Moritat sind. Das Haus der alten Dame, in das der schrullige, in blumigen Südstaaten-Phrasen redende Prof. Goldthwait Higginson Dorr als Untermieter zieht, dient nicht einfach nur als günstig und unauffällig gelegenes Hauptquartier der Ladykiller: Hier ist der Keller, in dem Dorr und seine Mannen angeblich Renaissance-Musik einüben, Ausgangspunkt für den eigentlichen Coup: Von dort aus will man sich in Richtung Mississippi in ein unterirdisches Tresorgewölbe bohren, um ein Kasino um seine Gewinne zu bringen.
Bei der Vorstellung von Dorrs Mannschaft lässt sich die Handschrift der Coens am deutlichsten erkennen: Gawain (Marlon Wayans) wird als junger schwarzer Hip-Hopper (sehr zum Missfallen der rüstigen älteren Dame, die „Hippity-Hop“ verabscheut) eingeführt, der als Putze im Kasino arbeitet und dessen Gangsta-Slang sich kräftig mit Dorrs Bonmots beißt. Im krassen Gegensatz zu ihm stehen aber auch der Sprengstoff-Spezialist Pancake (J. K. Simmons) und ein wortloser ehemaliger südvietnamesischer General (Tzi Ma), der bei seinem ersten Auftritt als Supermarktbesitzer zwei Räuber mit einem Minimum an Aufwand in die Flucht schlägt. Und schließlich ist da noch der ebenso muskulöse wie geistig langsame Lump (Ryan Hurst), den man in einem filmischen Bravourakt kennenlernt, indem die Coens ihn mit subjektiver Kamera, aus seinem Helm heraus gefilmt, bei einem wenig glücklichen Footballspiel zeigen.
Natürlich kann ihr als verspielte Variation von „Ocean’s Eleven“ erzähltes Unterfangen nicht gut gehen. Als den Gaunern nach diversen kuriosen Pannen auch noch die alte Dame auf die Schliche kommt, ist klar, dass sie sterben muss. Leider bringen die vermeintlich ruchlosen Karriere-Verbrecher genau diese Untat nicht übers Herz. Im Gegenteil: Einer nach dem anderen beißen Dorr und seine Gang ins Gras. Die Coens begleiten das mit zwar wunderbar ausgewählter, aber nicht immer passender Gospelmusik und einem nicht so recht gelungenen Kniff, der die Katze der alten Dame sozusagen als gutes Gewissen dieser Murder Ballad involviert. Überhaupt sorgt der barock-ziselierte filmische Stil der Filmemacher dafür, dass zwar die einzelnen Szenen begeistern, die Summe des Ganzen aber nicht die Brillanz und Präzision des Originals erreichen. Was nicht viel heißen soll: Aus dem Gros des bisherigen Filmoutputs in diesem Jahr ragen diese „Ladykillers“ heraus wie der Müllberg mitten im Mississippi, zu dem die sterblichen Überreste der Titelhelden geschippert werden. Und Tom Hanks sollte als Zugpferd niemals unterschätzt werden. ts.