Hotel Ruanda: Drama vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs und Genozids in Ruanda: Ein Hotelmanager rettet über 1200 Menschen das Leben und wird zum Helden.
In Toronto mit dem Hauptpreis des Festivals bedacht, mit Oscar-Nominierungen für die Hauptdarsteller Don Cheadle und Sophie Okonedo und mit einem für das so herbe Thema beachtlichen Einspielergebnis in den USA, kommt Terry Georges Dokudrama nun nach seiner Deutschlandpremiere im Wettbewerb der Berlinale in die deutschen Kinos. „Hotel Ruanda“ erzählt die Geschichte des „afrikanischen Oskar Schindler“, der angesichts des Völkermords in seiner Heimat über eintausend Menschen das Leben rettete.
Vor zehn Jahren gipfelte der Bürgerkrieg in Ruanda im größten Genozid seit den Naziverbrechen - beinahe unbemerkt vom Rest der Welt. Innerhalb von drei Monaten wurden drei Millionen Tutsis von regierenden Hutu-Milizen brutal ermordet. „Hotel Ruanda“ erzählt vor dem Hintergrund der Ereignisse von einem Hotelmanager, der das Leben von über 1200 Menschen rettet, indem er, vereinfacht gesagt, ein sehr guter Hotelmanager ist. Dieser Mann heißt Paul Rusesabagina, gespielt wird er von Don Cheadle als ruhiger, stets souveräner Pol mitten im Chaos. Ein Mann, der weiß, wie die Welt funktioniert, der seine erlernten Fähigkeiten, seine Demut vor Autoritäten, seine Diskretion und Würde einsetzt, um zunächst seine Familie und schließlich über Tausend fliehenden Tutsis im zum Flüchtlingslager umfunktionierten Hotel in Sicherheit zu bringen. Paul selbst ist Hutu, verheiratet mit einer Tutsi namens Tatiana (Sophie Okonedo), in Belgien ausgebildet und Leiter das Vier-Sterne-Hotel „Des Milles Collines“ in der Hauptstadt Kigali, nachdem sich der belgische Hoteldirektor aus dem Staub gemacht hat. Wie auch die Vereinten Nationen, die als Friedenstruppe nach Ruanda kamen, im Film von Nick Nolte als Colonel Oliver vertreten werden. Oliver sieht, was geschieht, informiert seine Vorgesetzten, bittet um Hilfe und Intervention und wird ignoriert. Am Ende sind es diese beiden Männer, Oliver und Rusesabagina, die auf eigene Faust die Evakuierung der Flüchtlinge erwirken können.
Rusesabagina begreift intuitiv, dass er nur etwas erreichen kann, indem er weiter wie ein Hotelmanager handelt. Die Wirtschaft ist zusammengebrochen, das Land wird von Anarchie regiert, aber Paul zieht jeden Morgen Anzug und Krawatte an und macht „business as usual“ - selbst wenn er dabei vor Angst zittert. Er löscht Namen von der Gästeliste, besticht einen Hutu-General mit Whiskey und nutzt jeden möglichen Trick, um sich die Extremisten vom Leib zu halten. Das entsetzliche Blutbad, das dabei im Hintergrund zu erahnen ist, wird die meiste Zeit aus zweiter Hand erzählt, anfangs in den aufgenommen Bildern des von Joaquin Phoenix in einem Cameoauftritt gespielten Fernsehjournalisten, später offenbart es sich den Augen Rusesabaginas und des Zuschauers in einer Szene auf einer nebligen Landstraße, in der Rusesabagina und sein Fahrer schließlich bemerken, dass sie die ganze Zeit mit ihrem Wagen über Leichen fahren. Der vorangegangene Dialog mit einem Extremisten - „You do not believe you can kill them all? Why not? Why not? We are halfway there already.“ - wird in diesem Moment entsetzliche Wahrheit.
„Hotel Ruanda“ ist konventionell und zurückhaltend in seiner Inszenierung und wird gänzlich von seinem charismatischen Protagonisten getragen, den Don Cheadle mit afrikanischem Akzent beeindruckend präzise verkörpert. „Hotel Ruanda“ ist ein dramatischer, bewegender Film über Heldentum und den Kampf ums Überleben. Der Film funktioniert nicht deshalb, weil die Leinwand mit Spezialeffekten den Bürgerkrieg möglichst authentisch rekonstruiert, sondern weil die Filmemacher daran interessiert sind, wie ein Mann sich dazu entschließt, in einer unerträglichen Situation zu funktionieren. Terry George, langjähriger Partner von Jim Sheridan, dokumentiert nicht die Hintergründe und Schrecken des Völkermords, was ihm Kritiker vorwarfen. Doch gerade dies mag die einzige Möglichkeit sein, ein breites Publikum zu erreichen und daran zu erinnern, was seinerzeit - und das kritisiert der Film in aller Deutlichkeit - von der westlichen Welt ignoriert wurde. deg.