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Glück

Darsteller und Crew

  • Sejla Kameric
  • Elvira Geppert
  • Vladimir Trivic

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. Mit seinen beiden Kurzgeschichtensammlungen „Verbrechen“ und „Schuld“ entwickelte sich der Berliner Strafverteidiger Ferdinand von Schirach zum Shooting Star der deutschsprachigen Literaturszene. In nüchternem, klaren Stil, aber nicht ohne beiläufigen Humor schildert der Anwalt für Kapitalverbrechen den Einbruch der Kriminalität, mitunter des Grauens in einen geordneten, scheinbar friedlichen Alltag. Es konnte nicht ausbleiben, dass sich auch die Filmindustrie für seine bestürzenden Tragödien zu interessierten begann. Doris Dorrie wählte daraus eine 13-seitige Geschichte über das bedrohte Glück einer illegalen Immigrantin mit einem wohnsitzlosen Punk.

      Als Glück erwies sich der Umstand, dass man für die Hauptrolle den italienischen Star Alba Rohrwacher gewann. Obwohl wesentlich älter als die 19-jährige Protagonistin der Vorlage, überzeugt sie als von der Vergangenheit getriebene Überlebenswillige, die erst den Weg zurück ins Leben finden muss. Ihre stoppelkurzen Haare versteckt Irina hinter einer strohblonden Perücke, wie sie auch ihre wahren Gefühle und Ängste lange verbirgt. Ihr Trauma nimmt ihr fast die Sprache. Die Verfilmung verleiht ihr zusätzlich einen Hang zum Masochismus. Allerdings verschwinden die selbst beigefügten Wunden einige Szenen später wieder.

      „Aus zehn Seiten eines kleinformatigen Buches einen 90-minütigen Spielfilm zu machen, ist nicht einfach“, sagt Produzent Oliver Berben. Damit trifft er eines der Probleme dieser Adaption, die keine 90 Minuten, sondern knapp zwei Stunden dauert. Nach stimmigen Eindrücken zur Begegnung der beiden Straßenkinder will die Illustration ihres neuen Glücks kein Ende finden. Bevor es zum scheinbaren Verbrechen und dessen furchtbaren Konsequenzen kommt, vergeht beinahe eine Spielfilmlänge. Ein weiteres Mal belegt Dorrie ein mangelndes Gespür für das richtige Timing - ganz im Gegensatz zu ihren frühen Arbeiten.

      Ansonsten setzt sie von Anfang an auf extreme Kontraste: Hier die von symphonischen Klängen unterlegten Impressionen der osteuropäischen Heimat (gedreht wurde in Mazedonien), dort der Kulturschock beim Anblick des Potsdamer Platzes, unterlegt mit betäubender Hardrock-Musik. Die Farbe "weiß" für Unschuld durchzieht den ganzen Film von der Schafherde des Bauernhofs über die weiße Schäfchendecke als Erinnerung an eine ungetrübte Vergangenheit bis zu Irinas hellblonder Perücke. Mit Einbruch des Grauens wird die Reinheit zunehmend befleckt: Blutspritzer beschmutzen die hellen Wände.

      Um die drastischen Zuspitzungen des letzten Viertels plausibel erscheinen zu lassen, unterstellt das Drehbuch dem Vegetarier Kalle, der kein Blut sehen kann, ein latent aggressives Verhalten. Ein Zusammenstoß mit einer rabiaten Passantin führt bei ihm zu einem unkontrollierten Gewaltausbruch. Diesen Stoff hätte ein anderer Regisseur sicherlich zur Splattergroteske verarbeitet. Ohne harte, makabere Szenen kommt auch Doris Dörrie nicht aus, wobei in einigen Momenten durchaus schwarzer Humor aufblitzt.

      Wo der Titel der Kurzgeschichte durchaus ironisch gemeint ist, nimmt die Regisseurin ihn aber wörtlich und bebildert das Glück des jungen Paares mit Szenen, die stärker zum Kitsch als zu einer poetisch-melancholischen Stimmung tendieren. Sogar die Kirchblüten kommen als Selbstzitat wieder zum Einsatz. Am Ende strahlen Vinzenz Kiefers hellblaue Augen fast genauso zutraulich wie zuvor die seines Filmhundes in die Kamera. Dazu intonieren Alba Rohrwacher und Thees Uhlmann im Nachspann einen musikalischen Kommentar zur Handlung. Dies wirkt ebenso aufgesetzt wie Matthias Brandts zweifaches, zufälliges Auftreten als Erzähler und von Schirachs Alter Ego. Solche forcierten Zufälle beeinträchtigen eher die Glaubwürdigkeit.

      Fazit: Doris Dorries Adaption eines wahren, absurden Kriminalfalls glänzt mit einer überzeugenden Hauptdarstellerin und poetischen Momenten, rutscht aber zunehmend in Richtung Kolportage ab.
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