Van Helsing: Kinetisches Effektspektakel, in dem Monsterjäger Van Helsing in Transsilvanien fette Beute macht.
Die Rocky Horror Picture Show 2004 hat eröffnet. Transsilvanien lädt ein zum Monstertourismus, Wolfsmenschen tummeln sich mondsüchtig in freier Wildbahn, Dr. Frankenstein verarbeitet wieder menschliche Bauteile und Graf Dracula trägt Zopf, Ohrring und die beeindruckendste Zahnreihe seit „Blade 2“. Stephen Sommers‘ Gruppentreffen der legendären Universal-Monster ist prototypische amerikanische Sommerkonfektion, ist hyperkinetisches Überwältigungskino, das mit Effekten die Augen bombardiert, in der Hoffnung, akustische und emotionale Rezeptoren abzulenken. Obwohl dieses Konzept nicht ganz aufgeht, ist die Jagdsaison der Blockbuster mit diesem Mega-Comic kommerziell viel versprechend eingeleitet.
Sommers ist seit „Die Mumie“ und deren Fortsetzung Universals Ausgrabungs- und Reanimierungsspezialist und damit prädestiniert, weitere Ikonen des Studios für die Kids wiederzubeleben. Wie stark Universal an diesen CGI-Recycler glaubt, zeigen das enorme Budget (vermutete 150 Mio. Dollar), das bereits vorbereitete TV-Spin-off „Transsilvania“ und auch die Maßnahme, dass die Geldgeber das aufwändige Set in Prag nicht zerstören ließen. Ausstattung und Architektur, die menschliches Handwerk mit digitaler Deko kreuzt, sind häufig eindrucksvoll, auch wenn die Harmonie von künstlich und natürlich, wie sie exemplarisch etwa in der „Ring“-Trilogie verwirklicht wurde, nicht erreicht wird. Dem tragischen Grundton der Vorbilder, gequälte Wandler zwischen Leben und Tod, Mensch und Bestie, erweist der Film Reverenz, doch kein Herz klopft wirklich in dieser nicht nur milieubedingt seelenlosen Geschichte, die das Horrormuseum mit einem Sturm vom Staub befreien will.
Mit einer schönen Überblendung von der brennenden Universalkugel zur Fackel des transsilvanischen Mobs, der Frankenstein und seine Kreatur auslöschen will, schlägt der Film die Brücke zwischen Verbeugung und Veränderung. Neu ist der Held, der nur dem Namen nach an Bram Stokers Seniorenmodell erinnert. Van Helsing, gespielt von „X-Man“ Hugh Jackman, ist eine in schwarzes Leder gepresste Kampfmaschine, die in Paris amüsant eingeführt wird, als sie den notorischen Persönlichkeitsspalter Mr. Hyde zur Erstnatur zurückführt. Im Auftrag einer katholischen Geheimorganisation in Rom und in Begleitung eines Mönchs, der als comic relief für atmosphärische Entspannung zuständig ist, reist Van Helsing nach Transsilvanien. Dort plant Graf Dracula eine dramatische Machterweiterung durch elektrisierende Reanimierung seiner untoten Nachwuchsbrut, bei der ihm Werwölfe und Frankensteins Monster als Elektrizitätsleiter dienen sollen. Aus nicht nur anatomischen Gründen versucht er auch beharrlich, eine rebellische Zigeuneraristokratin (Kate Beckinsale) in sein Schloss zu entführen, die sich mit Van Helsing verbündet hat.
Während manche Dialoge, Nachdenklichkeitspausen und ein himmlisches Finale durchaus Heiterkeit in die osteuropäische Milieu-Tristesse bringen, stürzen sich beide Parteien nahezu pausenlos in die Schlacht um Transsilvanien, in der Draculas übermütige Bräute als fliegende, nahezu unzerstörbare Kampfeinheit eine zentrale Rolle spielen. Erwartet werden dürfen mehrere spektakuläre Luftattacken auf ein Dorf, diverse Konfrontationen mit Werwölfen, eine Kutschenjagd vor drohendem Abgrund, eine opulente Ballszene mit Trapezeinlage und einige theatralische Auftritte des frustrierten Grafen, der stinksauer schon einmal die Wände hochgeht. Es wird entführt, attackiert, mutiert, krepiert, zitiert und kopiert, bis Action den Platzbedarf von Anspruch überflüssig gemacht hat. Wer sich mitreißen lässt, vergnügt sich, ohne einen Gedanken opfern zu müssen. Wer sich dagegen stemmt, muss sich zumindest eingestehen, dass mit einem „Monster“ zwar Respekt, mit vielen aber ein Vermögen verdient werden kann. kob.