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Gerdas Schweigen

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Gerdas Schweigen: Dokumentarfilm über das hochdramatisches Schicksal einer Jüdin im Dritten Reich und die späte Aufarbeitung ihrer Geschichte innerhalb der Familie.

Poster

Gerdas Schweigen

Handlung und Hintergrund

Einst fragte der Ostberliner Journalist Knut Elstermann seine Tante Gerda, die gerade aus Amerika zu Besuch bei seiner Familie in der DDR war, nach ihrem Kind - und löste peinliches Schweigen aus. Nach der Wende, 30 Jahre später, erhält er die Antwort und deckt ein Tabu auf: Gerda spricht mit ihm über das Überleben als Jüdin im Dritten Reich, ihre Schwangerschaft unter den Augen von KZ-Arzt Mengele und wie sie hilflos ihr Neugeborenes sterben sah.

Die eigene schauerliche und deshalb verschwiegene Familiengeschichte deckt Knut Elstermann auf, als er nach New York fliegt, um seine dorthin exilierte Tante Gerda nach ihren Erlebnissen als Jüdin in der Nazi-Zeit zu befragen. Er dokumentiert ein schockierendes Martyrium in Auschwitz.

Die junge Jüdin Gerda Schrage wird nach Auschwitz deportiert. Sie kann fliehen, lebt ohne Papiere weiter in Berlin und verliebt sich in einen Ungarn. Ein jüdischer Gestapo-Spitzel verrät sie. Wieder zurück in Auschwitz, gerät sie, inzwischen schwanger, in die Abteilung von Josef Mengele. Der lässt sie ihre Tochter gebären und diese dann elendlich verhungern. Mit Hilfe eines deutschen Deserteurs kann Gerda erneut flüchten. Sie emigriert nach New York. Sie erzählt nicht einmal ihrem Sohn, dass sie eine Tochter hatte. Erst nach 60 Jahren bricht sie ihr Schweigen gegenüber ihrem Neffen, dem Journalist Knut Elstermann.

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Darsteller und Crew

  • Britta Wauer
    Britta Wauer
  • Karim Sebastian Elias
    Karim Sebastian Elias
  • Volker Hahn
  • Andrea Klüting
  • Kaspar Köpke
  • Bob Hanna
  • Berthold Baule

Bilder

Kritiken und Bewertungen

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Kritikerrezensionen

    1. „Als ich nach Amerika kam, wollte ich alles hinter mir lassen. Ich wollte schweigen, nie mehr darüber sprechen.“ Die ersten Worte des Films aus Gerdas Mund werfen Fragen auf, umkreisen das Thema: das Schweigen. Das für die Zuschauer natürlich ein Rätsel bedeutet: Worüber, warum? Und hier setzt der Film an; denn Regisseurin Britta Wauer und Protagonist Knut Elstermann spüren einerseits Gerdas Geheimnis nach, gestehen ihr andererseits auch das Schweigen zu. Obwohl sie Zeitzeugin ist. In Auschwitz war. Und man heute gewohnt ist, dass Zeitzeugen in den Medien gerne über das Damals berichten. Um das Vergangene selbst zu verarbeiten, und um die Erinnerung bei anderen wachzuhalten.

      Schnell ist heraus, worum sich Gerdas Schweigen dreht: Sie hat ein Kind im Vernichtungslager geboren und verloren. Und hat nach der Freiheit, nach dem Krieg, nie wieder darüber gesprochen. Auf dem Schweigen ihr neues Leben in Amerika aufgebaut.

      Knut Elstermann ist Journalist, seine Großeltern waren Gerdas Freund, ja, die Ersatzfamilie im Dritten Reich. Gerda lebte als Illegale, als flüchtige Jüdin bei Knuts Familie; und noch jahrzehntelang war immer ein Geheimnis um „Tante“ Gerda, wie sie für Knut hieß; die Tante in Amerika.

      2004 will er es ergründen, will ein Buch schreiben über ihr bewegtes Schicksal. Wauers Film ist nun einerseits eine Art Making of seines Buches „Gerdas Schweigen“, andererseits auch eine Verfilmung dieses Buches, die diese Leerstelle in Gerdas Leben ergründet. Zwischen diesen Polen schlingert der Film etwas hin und her, zwischen dem konkreten, unmittelbaren Inhalt und der Einbeziehung der Recherche. Auch im weiteren Verlauf zeigt sich Wauers Film mitunter etwas unausgegoren, etwas unentschlossen, was erzählt werden soll. Nicht nur geht es um Gerdas Geschichte, nicht nur um die zweite Hauptperson Knut, der sie in New York ausfragt. Auch um Steven, ihren Sohn, der sich seines Jüdischseins sehr bewusst ist und der alles Deutsche hasst. Und dann eröffnet Knut eine weitere Frage nach einem Soldaten, der Gerda auf der Flucht aus Auschwitz gerettet hat; deren Beantwortung dann irgendwie ohne viel Aufsehen erfolgt und schnell versickert. Und dann wirft Knut noch eine Frage auf, warum Gerda in Auschwitz ein Baby hat bekommen dürfen, das dann aber verhungern musste. Eine Frage, deren Antwort kaum überrascht: Mengele steckt dahinter. Aber das wird auch eher nebenbei behandelt: nicht im Mittelpunkt, aber auch nicht als Belanglosigkeit, sondern ein bisschen halbgar unter „noch zu erwähnen“.

      So versucht „Gerdas Schweigen“ immer wieder, künstlich Spannung herauszufordern, und übersieht dabei bisweilen, dass die Lebensgeschichte selbst schon spannend genug ist. Und erst am Ende kommt ein weiterer, wichtiger Aspekt hinzu, Wauer nämlich schält ein Psychogramm Gerdas heraus, das geschliffen scharf die Auswirkungen ihres Traumes umreißt. Wie sie geschwiegen hat nicht nur, um die Trauer zu verdrängen, sondern auch, weil sie eingesponnen war in ein ganz starkes Moralgefüge: was sollen die Mitglieder ihrer Gemeinde in New York, was ihr (inzwischen verstorbener) Mann und ihr Sohn Steven dazu sagen, dass sie vor der Ehe ein Kind erwartet hat? Werden sie sie nicht für eine Schlampe halten? Es ist ein tiefes moralisches Schuldgefühl, das weit über das oft beschriebene Schuldgefühl von Holocaustüberlebenden hinausgeht („Warum habe ausgerechnet ich überlebt und nicht ein anderer, der es vielleicht mehr verdient hätte?“)

      Und daneben kristallisiert sich Stevens Einstellung dazu und zu seiner Mutter heraus: der ihr das lange Schweigen über seine tote Schwester nicht verzeihen kann, vor allem aber auch nicht, dass sie dieses Geheimnis ausgerechnet gegenüber einem Deutschen, einem Feind gelüftet hat. Er hat von der ganzen Geschichte erst über Google erfahren… „Manchmal glaube ich, Steven ist viel mehr Opfer der Nazis als ich je war“, sagt Gerda, weil er sich so reinsteigert. Eine Versöhnung zwischen Mutter und Sohn wird am Ende nur angedeutet.

      Fazit: Dokumentarfilm über das Schweigen, der nicht immer weiß, wo er hinwill; der aber am Ende doch sehr präzise sein Thema, die Leerstelle in Gerdas Leben, umkreist.
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    2. Gerdas Schweigen: Dokumentarfilm über das hochdramatisches Schicksal einer Jüdin im Dritten Reich und die späte Aufarbeitung ihrer Geschichte innerhalb der Familie.

      Ein Schicksal, das sprachlos macht: Nach 60 Jahren bricht die nach New York emigrierte Jüdin Gerda Schrage ihr Schweigen und erzählt von Auschwitz und ihrem Neugeborenen, das KZ-Arzt Mengele in seinen Menschenversuchen ermordete.

      Der Besuch bei einer alten Dame deckt Erschütterndes auf: Als der Ostberliner Journalist Knut Elstermann nach New York reist, um seine Tante Gerda nach ihrem gestorbenen Kind zu fragen, bricht er ein Familientabu. Für das gleichnamige Buchprojekt (erschienen 2005) forscht er vorsichtig und geduldig nach, um private Geschichtsaufarbeitung zu leisten, die jeden Beteiligten an emotionale Grenzen führt.

      Britta Wauers handwerklich ausgereifte Doku stöbert tief im Fotoalbum und reißt Gerda Schrages Biografie ab: Als Jüdin im Dritten Reich verschlechterte sich ihre Lebenssituation dramatisch, kaum erwachsen, musste sie sich allein in Berlin durchschlagen. Sie wurde nach Auschwitz deportiert, floh, lebte ohne Papiere weiter in Berlin und verliebte sich in einen Ungarn. Ausgerechnet jüdische Gestapo-Spitzel verrieten ihr Versteck. Wieder brachte man sie nach Auschwitz, wo sie, nunmehr schwanger, von KZ-Arzt Josef Mengele vor der Vergasung verschont wurde, damit sie ihre Tochter gebar. Der Todesengel hatte nur seine Experimente im Sinn: Zwei Wochen lang musste sie zusehen, wie ihre Tochter Sylvia verhungerte, eine ganz besonders abstoßende Grausamkeit der Nazis in ihrem ohnedies schillernden Verbrechenskatalog gegen die Menschlichkeit. Als das Lager evakuiert wurde, gelang ihr wieder die Flucht, diesmal mit Hilfe eines deutschen Deserteurs. Nach Kriegsende traf sie ihre Verwandten wieder und vereinbarte ein Schweigeabkommen, um in Amerika ein neues Leben anfangen zu können.

      Selbstkritisch forscht Elstermann nach und walzt das Auschwitz-Kapitel nicht aus, sondern ordnet es in eine ungeheuerliche Biografie ein - die einer lebenstüchtigen, unerschütterlichen Frau. Gleich zweimal in das berüchtigste Vernichtungslager deportiert zu werden, ohne jede ärztliche Versorgung dort ein Kind zu gebären und sterben zu sehen: Diese Lebensgeschichte berichtet Gerda Schrage unsentimental, nur ein starker Soundtrack gibt die erschütternde Melodramatik wieder. So erfuhr ihr eigener Sohn nach sechs Jahrzehnten von einer unbekannten Schwester, was Wut und Vorwürfe auslöste. Doch es ist ein unersetzlicher, wenngleich manchmal schmerzlicher Prozess, Geschichte dem Vergessen zu entreißen und sich von der Last des Schweigens zu befreien.

      tk.
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