Die Affäre: Dramatische Dreiecksgeschichte, die Catherine Corsini in einer langen Rückblende mit einem starken Darstellertrio erzählt.
Für eine Amour Fou mit einem Gelegenheitsarbeiter setzt Kristin Scott Thomas Ehe und Familie, ihre ganze bürgerliche Existenz aufs Spiel.
Eine Frau, der Mann, der Liebhaber: Die klassische Dreiecksgeschichte, von der das Kino lebt mit Heldinnen wie Anna Karenina bis Madame Bovary. Catherine Corsini wagt es, mit dem Ende des Dramas zu beginnen, mit einem Schuss, wobei offen bleibt, ob es sich um Mord oder Selbstmord handelt. Der Zuschauer ahnt sofort die Tragödie. Im Rückblick entwickeln sich die Stationen einer nicht zu kontrollierenden „amour fou“ aus der Perspektive der Protagonistin.
Eine Arztgattin um die 40 lebt beschaulich mit ihrer Familie in Südfrankreich, die Ehe glüht auf Sparflamme, er hantiert mit dem Handy im Bett, sie liest Fachlektüre, um als Physiotherapeutin wieder in den Beruf einzusteigen. Und dann erwischt es sie wie ein Blitzschlag, sie verliebt sich in einen spanischen Bauarbeiter, der aus dem Gefängnis kommt, und versinkt gegen jegliche Ratio in einen Strom aus sexueller Lust und tiefer Emotion, die ihre bisherige bürgerliche Existenz mit Wucht in Stücke schlägt. Der Hass des verlassenen Ehepartners, der sie finanziell aushungert, verfolgt das Paar beim geplanten Neuanfang in einer Idylle hoch über dem Meer. Als er dafür sorgt, dass der Nebenbuhler wieder ins Gefängnis muss, mündet „Die Affäre“ in eine tödliche Passion.
Mit der charismatischen Kristin Scott Thomas als verletzliche Frau, die rigoros mit gesellschaftlichen Konventionen bricht, dem bodenständigen und immense Körperlichkeit ausstrahlenden Lover Sergi Lopez und dem in seinem Stolz getroffenen Provinz-Macho Yvan Attal ist die Besetzung präzise und optimal. In manchen Szenen erinnert Scott Thomas in ihrer mysteriösen Art und der wie in Stein gemauerter Schönheit an ihre Rolle der Juliette in „So viele Jahre liebe ich dich“, wo sie ebenfalls eine Frau, die das Leben neu erobert, spielte. Auf den leidenschaftlichen Szenen lastet ein Hauch von Verzweiflung, die Gefahr ist permanent präsent, auch wenn Kamerafrau Agnès Godard die Lovestory in ein mediterranes Licht taucht und damit die Sinnlichkeit der Leidenschaft und Glücksmomente in der pittoresken Landschaft des Südens unterstreicht. Einstellungen in der Totalen erzeugen ein Gefühl von Freiheit, von kurzfristiger und vorgegaukelter Freiheit. Catherine Corsini legt Wert auf den sozialen Kontext, den Stellenwert der Frau als Statussymbol in dieser Ehe, den Preis, den sie für den Ausbruch aus dem Goldenen Käfig zahlt und die am bitteren Ende für ihre Liebe zu allem bereit ist. Diese Affäre ohne Happy End geht unter die Haut. mk.