Bruce Allmächtig: Aberwitzige Komödie, in der Jim Carrey für eine Woche einen göttlichen Job übernimmt.
Nachdem Jim Carrey, Regisseur Tom Shadyac und Autor Steve Oedekerk bereits mit „
Der Dummschwätzer“ und der Idee, Carrey als notorischen Schwindler mit einem Lügenbann zu belegen, den Jackpot knackten, versuchen sie nun, den Erfolg mit einer leicht modifizierten Prämisse zu wiederholen: Als erschütternd gottlosen TV-Moderator werden Carrey in „Bruce Allmächtig“ vom Allmächtigen höchstselbst dessen Aufgaben und Fähigkeiten übertragen. Das Ergebnis ist ein liebenswerter Spaß mit ausgeprägtem Sendungsbewusstsein, der nicht im geringsten blasphemisch ist und keine Sensibilitäten verletzt, es sei denn, man kann mit Carreys manischem Slapstick nichts anfangen: Der Komödiant läuft in dieser Wutprobe der hyperventilierenden Art nämlich zu schwindelerregender Hochform auf.
Auf ihren Star zugeschnittene High-Concept-Komödien können immer nur so gut sein wie ihr Konzept. Auf ihrem Gerüst baut der Star seine Performance auf, die sich nicht mehr der Realität, sondern nur noch der Ungeheuerlichkeit ihrer Grundidee verpflichtet. So gesehen, ist „Bruce Allmächtig“ ohne Abstriche ein durchschlagender Erfolg: Erstmals eigentlich seit „Der Dummschwätzer“ erlaubt es sich der begnadete Jim Carrey, außer Rand und Band ohne grotesk, durchgeknallt ohne neurotisch, ausgeflippt ohne geistig bedenklich, also bis auf die Gummiknochen komisch zu sein, ohne gleichzeitig dunkle Wolken aufziehen (wie in „Ich beide und sie“) oder maliziöse Bösartigkeit durchschimmern zu lassen (wie in „Der Grinch“). Er ist die expressionistische Alternative zu dem introvertierten, beinahe autistischen Adam Sandler, dem anderen von der Kritik unterschätzten Superstar-Funnyman unserer Zeit: der Jerry Lewis zu dessen Buster Keaton.
Nicht von ungefähr lassen sich Parallelen zu „
Die Wutprobe„, gleichermaßen High Concept, aber nie High Comedy, entdecken. Erneut geht es um nicht ausgeschöpfte (Berufs-)Potenziale und die Unfähigkeit, sich die eigenen Gefühle einzugestehen und Verantwortung zu übernehmen (auch hier verzehrt sich eine Schöne vergeblich nach dem Helden), sprich: im Amerika nach dem 11. September die richtigen Prioritäten zu setzen.
Der Hemmschuh von Carreys Bruce Nolan ist der gleiche wie bei Sandlers Dave Buznik: Beide haben ein Problem, ihre aufgestaute Aggression zu kompensieren: Als lokaler TV-Moderator im Kleinkaff Buffalo, New York, muss auch Bruce durch ein außergewöhnliches Ereignis auf den richtigen Weg getollschockt werden, nachdem er sein persönliches Stalingrad erlebt hat: Ein schleimiger Kollege schnappt ihm den Anchorman-Posten weg, die Menschen lachen über ihn. Und schließlich setzt er seinen Sportwagen gegen einen Lichtmasten. Bruce verflucht Gott - und erhält prompt Antwort: In Gestalt von Morgan Freeman (immerhin ein Schwarzer - die einzige Kante in diesem stromlinienförmig auf Hochglanz polierten Feelgood-Movie) werden Bruce auf unbestimmte Zeit all die Fähigkeiten und Pflichten des Einen übertragen. Alles weitere kann man sich denken: Der mit „I Got the Power“ von Snap perfekt begleiteten Emphase über die neuen Mächte und deren - sehr komischen - Ausnutzen für eigene Zwecke folgen die Katastrophe, weil Bruce die Freundin vernachlässigt hat, und darauf Einsicht und Katharsis, also die unvermeidliche Läuterung eines Ungläubigen, der Gottes Leitspruch für sich selbst erkennen darf: Be the miracle - Sei selbst das Wunder!
Selbstredend ist der komische Abschnitt des Missbrauchs von Gottes Kräften der mit Abstand beste des Films: Er hat etwas verschwörerisch Befreiendes, weil Carrey all das tut, was man selbst niemals wagen würde. Dem Nachbarschaftsrüpel einen Affen aus dem Rektum ziehen? Den Verkehr nach eigenem Gusto lenken? Dem Konkurrenten den dümmsten Gibberisch in den Mund legen? Dem notorisch nicht stubenreinen Köter mit Fingerschnippen Toilettenmanieren beibringen? Selbst billige Gags wie die Oberweitenerweiterung der Lebensgefährtin gehen durch, wenn man Carrey im nächsten Moment erleben darf, wie er ihr buchstäblich Mond und Sterne vom Himmel holt. Natürlich ist das nur mit Hilfe von Spezialeffekten möglich. Angesichts der insgesamt aber etwas schwachen Leistung der Effektabteilung bleibt anzumerken, dass der beste Effekt hier wie immer Carrey selbst ist, dem wirklich unglaublichste Verrenkungen scheinbar mühelos gelingen.
Wenn in „Bruce Allmächtig“ denn etwas wirklich unangenehm auffällt, dann ist es die Neigung von Regisseur Shadyac, nach „
Patch Adams“ und „
Im Zeichen der Libelle“ auch hier wieder einem Film mit dem Sendungsbewusstsein, unbedingt eine christliche Botschaft transportieren zu müssen, den Weg etwas aus den Segeln zu nehmen. Gleichzeitig lässt er zu, dass das Drehbuch wenig über wirklich göttliche Verantwortung erzählt, weil es mehr damit beschäftigt ist, Bruce bei der Lösung seiner kleinen privaten Nöte zu helfen. So ist die Rettung von Bruces Beziehung zu der heillos unterbeschäftigten Jennifer Aniston der Fokus der stets publikumsfreundlichen Komödie, die sich anfangs große Themen auf die Schultern hievt, um dann doch den Rückzug ins Private und das einfache Happyend anzutreten. Dann ist da noch Morgan Freeman, den man noch nie so entspannt gesehen hat: Wenn er in voller Designer-Pracht neben Carrey zu sehen ist, ist „Bruce Allmächtig“ ein göttlicher Spaß, dessen kommerzielle Aussichten auch trotz manch verpasster Chance von hier bis zum Himmel reichen. ts.