Der Herr der Ringe - Die Gefährten: Verfilmung des ersten Bandes der Tolkien-Trilogie, in der Hobbit Frodo sich auf den Marsch Richtung Mordor macht, um den Einen Ring zu zerstören.
Sechs Jahre seines Lebens investierte Peter Jackson in die Adaption der Mutter aller Fantasystoffe. Die Mühe hat sich ausgezahlt: Das aufwändigste Filmprojekt aller Zeiten, in das New Line 300 Mio. Dollar anlegte, um die parallele Verfilmung aller drei Bände von J.R.R. Tolkiens Klassiker zu garantieren, entfaltet bereits im ersten Teil eine epische Wucht, die sich in unvergesslichen Bildern, packenden Szenen und großer Emotionalität entlädt. Obwohl streng genommen nur Exposition für die dramatischen Ereignisse in „Die zwei Türme“ und „Die Rückkehr des Königs“, steht „Die Gefährten“ allemal auf eigenen Beinen: Die Geschichte des Hobbit Frodo, der in Mittelerde aufbricht, um den einen Ring der Macht im Reich des bösen Herrschers Sauron zu zerstören, ist ein visionärer Instant Classic, der Staunen und Wundern und Mitfiebern lässt, wie es großes Mainstreamkino seit „Titanic“ nicht mehr zugelassen hat.
Wer seinen Film mit der größten Schlacht der Filmgeschichte beginnen lässt, der verfügt entweder über ungeheure Chuzpe oder aber er weiß, dass selbst ein solches Spektakel gerade einmal ein bescheidenes Amuse geule für alles Folgende ist. Bei Peter Jackson trifft beides zu. In dem knapp zehnminütigen Prolog berichtet er, wie der eine Ring der Macht von den Schlachtfeldern Mordors in das idyllische Auenland geraten konnte, wo die Hobbits ihr harmonisches Dasein fristen. Mehr ist nicht nötig, um das Publikum zu fesseln: Vor den Augen des Zuschauers lässt Jackson mühelos ganze Fantasiewelten entstehen, eine prächtiger und beeindruckender als die andere - der rechte Rahmen für diese Heldenballade vom klar definierten Kampf des Guten gegen das Böse. Die Leistung des Filmemachers ist es, nicht nur der Größe und Gewaltigkeit der Geschichte gerecht zu werden, sondern die Erzählung auch mit einer ganz ureigenen Unschuld zu durchdringen, die sich nicht auf das wenig verhohlene Kalter-Kriegs-Szenario und die rassischen Stereotypen von Tolkiens Vorlage einlässt. Wenn die Kamera anmutig durch Hobbingen, Bruchtal, Lothlorien oder die Minen von Moria schwenkt, dann hat Jackson keine andere Agenda, als dem Zuschauer eine durch und durch faszinierende Mär zu präsentieren, als wäre man live mit dabei. Anders als „Harry Potter und der Stein der Weisen“ verlegt sich Jackson eben nicht auf sklavisches Nachstellen einer Erfolgsvorlage. Sein Film ist eine Interpretation, die sich Freiheiten nimmt, aber immer der Essenz des Stoffes gerecht wird. So mögen Fans bedauern, dass beispielsweise die lange Sequenz mit dem Wald- und Wiesen-Urgeist Tom Bombadil aus dem Buch unverfilmt blieb, dem Gelingen des visionären Unterfangen tut dieser Eingriff keinen Abbruch, zumal es sonst wenig gibt, woran selbst eingefleischte Tolkien-Fans Anstoß nehmen könnten: Kongenialer lässt sich der in den fünfziger Jahren erstmals veröffentlichte und in den Sixties zum Kultroman der Gegenkultur avancierte Klassiker wohl nicht verfilmen.
Gleich bei den ersten Szenen in Beutelsend, als der weise Zauberer Gandalf eintrifft, um an den Feierlichkeiten zum 111. Geburtstag des Hobbits Bilbo Beutlin teilzunehmen, fällt der ungemeine Ernst und die düstere Farbpalette auf, die die Macher ihrem Film angedeihen ließen: Drollige Späße oder selbstverliebtes Schwelgen gibt es hier nicht. Stattdessen zieht sich eine Atmosphäre der Schwermut, des Abschiednehmens, des allgegenwärtigen Zerfalls durch die Handlung - ein Leitmotiv, das sich in den nächsten beiden Teilen zweifellos noch verstärken wird. Jackson will den großen, gewichtigen Themen des Stoffes gerecht werden. Immerhin geht es in „Der Herr der Ringe“ um nicht mehr und nicht weniger als Macht, Neid, Verrat, Freundschaft, Verantwortung, Liebe, Tod - und immer wieder Versuchung, verkörpert von dem einen Ring, den die Kamera von Andrew Lesnie umkost, als wäre er eine Hauptfigur des Ensembles.
Gleichzeitig gilt es, in „Die Gefährten“ ein enormes Stück an Exposition zu bewältigen: Immerhin müssen Figuren, Gegenden, Mythen vorgestellt werden. Dabei setzt Jackson alles auf eine Karte: Rast- und ruhelos fiebert der Film zunächst voran, vollgepackt mit einem Sperrfeuer aus Action und Information, von dem Auszug Frodos mit seinen Freunden Sam, Pippin und Merry aus Beutelsend über ihrem Aufenthalt in einem unwirtlichen Gasthaus, wo sich der Jäger Streicher an ihre Seite gesellt, bis zu ersten Zusammenstößen mit Saurons Helfershelfern, den Ringgeistern. Erst als man bei Elbenkönig Elrond Zuflucht findet, verlangsamt sich das Tempo. Hier, wo sich die neun Gefährten zusammenfinden, um gen Mordor zu ziehen und den Ring zu zerstören, wo er erschaffen wurde, findet „Der Herr der Ringe“ seinen Rhythmus. Es folgen das Action-Highlight in den Minen von Moria, das filmische Glanzlicht, als die mächtige Elbin Galadriel den kleinen Frodo in Lothlorien in Versuchung führt, und der emotionale Höhepunkt, als die Gefolgschaft des Rings endgültig zerbricht und der Tod Einzug hält.
Im fortwährenden Getümmel beneidet man die Schauspieler nicht, die all die monolithischen Figuren der Saga darzustellen haben. Ihre Leistungen sind nicht weniger beachtlich als die der Designer und Effektspezialisten, die Mittelerde so beeindruckend zu Leben erweckt haben, als befände man sich vor Ort: Wie nicht anders zu erwarten, verleiht Ian McKellen seinem Gandalf große Autorität und drücken Cate Blanchett, Hugo Weaving und Ian Holm dem Geschehen in sehr kurzen Auftritten ihren Stempel auf. Die Überraschungen sind der großäugige Elijah Wood, der als Frodo die Last des Films auf seinen Schultern trägt, Viggo Mortensen und Sean Bean, denen als Menschenkrieger der bewegendste Moment des Films vorbehalten bleibt. Bleibt als Schwachpunkt Howard Shores gar zu überschwängliches Score anzumerken - und natürlich der eigentliche Wehmutstropfen: Ein Jahr muss man warten, bis Jackson seiner Saga ein zweites Meisterwerk hinzufügen kann, in dem drei Stunden wie im Flug vergehen. ts.